Managementtheorien integrieren

Prinzipiell kann man zwischen vier verschiedenen Haupttypen von Managementtheorien unterscheiden, die als Theorie X, Theorie Y, Cultural Management und Systemtheorie bezeichnet werden können.

Im Theorie X Ansatz schaut man im Wesentlichen auf eine objektive und wissenschaftliche Weise von außen auf das Individuum. Durch welche äußeren Anreize lässt sich das Verhalten in die gewünschte Richtung beeinflussen?Der Theorie Y Ansatz zielt vor allem auf das das Inneren eines Mitarbeiters – wie kann er aus subjektiver Sicht Sinn in der Arbeit finden, was fördert sein Engagement und die Entfaltung seines Potentials, in welcher Weise kann er seine Wertvorstellungen in das Unternehmen einbringen. Wie sich das im Einzelfall konkret gestaltet, ist wiederum entsprechend der Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow von der individuellen Entwicklungsstufe des Mitarbeiters abhängig. Man muss also passend zu den Bedürfnissen des jeweiligen Mitarbeiters motivieren. Beispielsweise suchen Mitarbeiter auf der Stufe der Selbstverwiklichung nach dem Sinn in der Arbeit. Damit werden Themen wie Bedeutung und Werte wichtiger als die Bezahlung.Der Haupttyp des „Cultural Management“ schaut auch nach innen, allerdings bezieht er sich auf den kollektiven Bereich, den intersubjektiven „Wir-Raum“. Hier sind es die Antworten auf die Frage nach den gemeinsamen Werten und wie wir miteinander umgehen wollen, die in eine Unternehmskultur münden. Bei diesem Ansatz geht es also im Wesentlichen darum, das Innere von Gruppen zu managen.Die Systemtheorie wiederum schaut objektiv von außen auf die Gruppe und findet ein Netzwerk von Systemen und Strukturen vor, in denen der Einzelne in ein Geflecht von ineinandergreifenden Prozessen eingebunden ist. Demnach muss nun also das System als Ganzes und nicht die einzelnen Bestandteile gemanagt werden. Allerdings schaut die Systemtheorie nicht nach innen – Werte und Sinn spielen keine Rolle.Es kann jetzt also nicht darum gehen, die Frage zu beantworten, welche Theorie recht hat; es geht darum, wie man diese Teilwahrheiten, die jeweils aus einer bestimmten Perspektive alle zutreffend sind, integrieren kann. Wie bereits angedeutet beschäftigen sich diese vier Grundtypen von Managementtheorien jeweils mit einer spezifischen Kombination (Perspektive) der grundlegenden Dichotomien „Innen vs. Außen“ und „Individuum vs. Kollektiv“. Die Theorie X betrachtet das Äußere des Individuums, das sich in der „Es“-Sprache (3. Person Singular) beschreiben lässt; die Theorie Y betrachtet das Innere des Individuums, das sich in der „Ich“-Sprache (1. Person Singular) beschreiben lässt; das „Cultural Management“ beschäftigt sich mit dem Inneren des Kollektivs, das in einer „Wir-Sprache“ (2. Person Plural) beschrieben wird; und die Systemtheorie beschreibt das Äußere des Kollektivs in einer „Sie-Sprache“ (3. Person Plural).Eine integrale Managementtheorie muss nun also alle vier Ansätze berücksichtigen und dabei insbesondere darauf achten, dass die, aus den unterschiedlichen Perspektiven heraus eingeleiteten Maßnahmen, sich nicht widersprechen. Zusätzliche Komplexität ergibt sich dabei durch die Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklungsstufen (impusiv-egozentrisch, traditionell-konformistisch, modern-leistungsorientiert, postmodern-pluralistisch, integral-evolutionär), die in jedem der vier Quadranten ihre Wirkung entfalten (oben kurz an Hand der Maslowschen Bedürfnispyramide für „Innen/Individuum“ erläutert). Beispielsweise passen streng hierarische Organisationsformen (Außen/Kollektiv), die einer traditionell-konformistischen Entwicklungsstufe entsprechen, nicht zu einer Unternehmenskultur, in der der Sinn der Arbeit und gemeinsame Werte im Vordergrund stehen (postmodern-pluralistisch). Auch ist eine Unternehmenskultur, in der autokratisch vom Chef entschieden wird (impulsiv-egozentrisch), nicht kompatbel mit einem Y-Ansatz, der auf Anerkennung und Wertschätzung (modern-leistungsorientiert) zielt. Oder ein X-Ansatz, der auf monetäre Reize setzt (modern-leistungsorientiert), passt nicht zu einem Y-Ansatz, der eine individuelle Entfaltung und Potentialfreisetzung (integral-evolutionär) des einzelnen Mitarbeiters verfolgt.


Literatur

Ken Wilber: Integral Meditation + Mindfullness as a Path to Grow Up, Wake Up, and Show Up in Your Life. (2016) Shambala Publications, Boulder, Colorado.

Frederic Laloux: Reinventing Organizations: A Guide to Creating Organizations Inspired by the Next Stage of Human Consciousness. (2014) Nelson-Parker, Brüssel.

Dr. Peter Wolfrum